PRESSE Stuttgarter Wochenblatt – Alles so schön bunt hier!
Alles so schön bunt hier!
Damit Kunst im öffentlichen Raum nicht zu Sachbeschädigung mutiert, vermitteln Graffiti-Workshops
neben Technik auch rechtliches Know-how. Von Marisa Sass-Baitis
= STUTTGART
Unter der König-Karls-Brücke fegt ein eisiger Wind. Dick eingemummeltstehen die Mitglieder des Workshops „Graffiti für Anfänger“ in der Hall of Fame und sprayen ungeübt-begeistert Farbe auf eine zuvor grundierte Fläche. „Denkt dran: erst die Umrisse“, erinnert Workshop- Leiter Patrick Klein. Folgsam tauscht Samuel Rot gegen Gelb. „Ich habe im Internet Videos über Graffiti gesehen. Das sah voll cool aus, darum wollte ich es auch mal probieren“, nuschelt der Elfjährige durch seine Atemschutzmaske, denn in puncto Gesundheitsschutz kennt Klein keine Kompromisse. Mutter Karin, ebenfalls mit Mundschutz und Spraydose, ergänzt: „Da wir beide künstlerisch interessiert sind, ist das eine tolle Möglichkeit, etwas gemeinsam zu unternehmen.“
Nur drei legale Flächen in Stuttgart
Klein, seit 30 Jahren in der Szene aktiv, hat das Hobby zum Beruf gemacht. „Ich splitte meine Workshops in Theorie und Praxis. Am ersten Tag lernen die Teilnehmer, wo die heutigen Graffiti herkommen, wie eine Sprühdose funktioniert, wie man Buchstaben aufbaut. Am Schluss fertigt jeder von seiner Idee eine Skizze an, die am Praxistag als Vorlage dient, und stellt die benötigten Materialien zusammen.“ Natürlich kämen auch die rechtlichen Aspekte nicht zu kurz, den einfach ein Kunstwerk auf
einer x-beliebigen leeren Wand zu hinterlassen, sei verboten und könne schmerzhafte Strafen nach sich ziehen, fügt er hinzu.
Doch die Möglichkeiten, sich ungestraft gestalterisch zu verewigen, sind rar in der Landeshauptstadt. Das weiß auch Florian Schupp von der Stuttgarter Jugendhaus GmbH (STJG), seit 2004 Graffitibeauftragter und Ansprechpartner bei allen Angelegenheiten rund ums Sprayen: „Es gibt in Stuttgart drei legale Flächen, die alle von der STJG initiiert wurden: unter der König-Karls-Brücke, die Autobahnbrücke bei der BMW Niederlassung Vaihingen und das Züblin- Parkhaus in Mitte.“ Doch ganz so einfach ist es scheinbar nicht. „Passt auf, dass keine Farbe auf den Boden kommt!“, warnt Klein seine Schüler. Wie der Brückenaufgang sei dieser nämlich von der Erlaubnis zum Besprühen ausgenommen und fremdes Eigentum respektiere man selbstverständlich. Die meisten Graffiti-Newcomer haben mittlerweile die Umrisse ihrer Kunstwerke zu Wand gebracht, nun geht es an die Ausmalung. Während Samuel erneut zu Rotgreift, ist Mutter Karin bereits dabei, die Konturen, Outlines genannt, nochmals nachzuzeichnen.
„Wenn du damit fertig bist, kannst du die Farbübergänge nacharbeiten und überlegen, ob du Lichtreflexe oder Schatten setzen willst“, rät Klein. Am Ende verschönern sechs neue Bilder die Wände, jedes davon ein Unikat im ganz eigenenStil seines Urhebers. „Vergesst euren Müll nicht“, mahnt Klein, als alle zusammenpacken. Samuel strahlt und sagt: „Ich will auf jeden Fall weitermachen!“
INFO
Graffiti-Workshops Workshops führen unter anderem Patrick Klein (www.graffiti-stuttgart.de; auch Kindergeburtstage) und MichaelBecker (www.graffiticoach.de) durch. Das „Projekt Farbe“ engagiertsich in allen legalen Bereichen von Graffiti und bietet ebenfalls Workshops ( http://projektfarbestuttgart.de).
Vom 16. Mai bis 11. Oktober 2020 zeigt das Stadt-Palais in Kooperation mit dem Kunstmuseum die Ausstellung „Stuttgarts Wände — Graffiti im Kessel“. WASIST LOS IM STUTTGARTER NORDEN?
Quelle: www.stuttgarter-wochenblatt.de
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